Gottfried Böhm

male (1845–1926)

Translations

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  • Bei ge xing 悲歌行: Die Weisen tanzen (with Judith Gautier) (Li Bai 李白)
    Auf der Flöte mit jadenen Randen Sang ich den Sterblichen ein Gedicht, Doch mein Gedicht entfernt verstanden haben die Sterblichen leider nicht! Da, zu des Himmels beglückenden Landen hob ich empor der Flöte Ton, Und auf der Wolken glänzenden Kanten Tanzten die Weisen entzückt davon! Nun versteht man mich auch in der Sterblichen Land, Wenn ich singe zur Flöte mit jadenem Rand. –

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 109.
  • Chun ye luo cheng wen di 春夜洛城聞笛: Die geheimnisvolle Flöte (with Judith Gautier) (Li Bai 李白)
    Jüngst bracht' mir der Wind, Als er wonning wehte Durch das grüne Gezweig Und die duftenden Beete, Von fern her leise Einer Flöte Weise. Auf der Weide Zweig, den ich brach, Gab zur Antwort ich Lieder; Seither oft, wenn Alles schläft, Hören die Vöglein wieder In ihrer Sprache, in der Nacht Ein Zwiegespräch – gar süß und sacht!

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 112.
  • Gong zhong xing le ci ba shou (7) "Han xue mei zhong jin" 宮中行樂詞八首(其七)“寒雪梅中盡”: Der Fischer (with Judith Gautier) (Li Bai 李白)
    Die Erde hat den Schnee getrunken, Der Pflaume Blüthe sieht man wieder, Es glänzt der See gleich blankem Silber, Gleich neuem Gold der frische Flieder. Die Zeit ist's gelber Schmetterlinge, Die lustig in den Lüften scherzen, Und ihre müden Häupter rasten Aus an der Blumen sammt'nen Herzen. Der Fischer von der ruhigen Barke Wirft Netze auf die klare Fläche Achtlos, ob er den glatten Spiegel Des Wassers auch damit zerbräche! Er denket derer, die zu Haus geblieben, So wie die Schwalbe bleibt in ihrem Neste, Und die er wiedersieht, wenn wie die Schwalbe, Die Nahrung sie ihm bringt, die reichste, beste. –

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 12.
  • Ji li shi'er bai er shi yun 寄李十二白二十韻: An Li-Tai-Pe (with Judith Gautier) (Du Fu 杜甫)
    "Tie-Sie-Fen" – das ist Dein Dichterzeichen – "Der Wassertropfen, der nie wird verfliegen." – Auf zu den Sternen wird Dein Name fliegen, Dem ew'gen Weisen wirst Du ewig gleichen! Und Deinem Pinsel muß das Scepter weichen, Dem sich der Mitte Völker willig schmiegen, Und wen'ger stark ist in des Reiches Kriegen Der Helden Schwert, dem Feinde rings erbleichen. Nichts zündet wohl an reinen Sommertagen Gewitter. Plötzlich dreht in wildem Kreise Der Wind sich, Regen fällt und Wolken jagen! So auf's Papier, auf's mackelreine weiße, Läßt Deines Genius Hauch die Lettern fallen, Die Thränen Deines Geistes, leise, leise! Und wenn des Liedes Töne fern verhallen, Hört man um Dich, Du sangeskund'ger Meister, Das Beifallsmurmeln unsichtbarer Geister!

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 121f.
  • Not determined 未定: Die drei Frauen des Mandarinen (with Judith Gautier) (Cao Ye 曹鄴)
    Die rechtmäßige Gattin: Wein ist in der Tasse hier enthalten, Schwalbennester füllen diese Platte; Immer muß hoch in Ehren halten Nach Gesetz der Mandarinengatte Seine rechte Gattin! Die Concubine: In der Tasse duftet Wein, der Laue, Fette Gänse trägt die gold'ne Platte; Schenkt nicht Kinder ihm die rechte Fraue, Scheidet sich der Mandarinengatte, Wählt sich Concubinen! Die Magd: Von dem Wein die Tasse ist durchschienen, Süßigkeiten decken ganz die Platten, Wenig kümmern sich um Concubinen Und um Gattin Mandarinengatten; Denn sie lieben Wechsel! Der Mandarine. In der Tasse ist kein Wein zu schauen, Nur ein trockner Lauch liegt auf den Platten. Gehet! Lasset mich, geschwätz'ge Frauen! Spottet doch nicht eines freudematten, Armen, alten Mannes!

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 83f.
  • Not determined 未定: Ein junger Dichter denkt an seine Geliebte die jenseits des Flußes wohnt (with Judith Gautier) (Cao Ye 曹鄴)
    Der Mond erhebt sich zum Herzen Des nächtigen Himmels empor – D'ran ruht er, bis er in Träumen Von Liebe sich ganz verlor. – Hin über des Sees Fläche Zieht leise ein sanfter Wind, Er weht und weht und füßet Die glückliche Woge lind. Wie heiter, ach! klingen Accorde, Entschwebend dem tauten Berein Der Dinge, die nach Bestimmung Bereinigt sollen sein! – Jedoch es einen sich Dinge Gar selten im Erdenrund, Die bestimmt sind und geschaffen Zu einem süßen Bund. –

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 21.
  • Ye wang "Qing qiu wang bu ji" 野望 “清秋望不極”: Abendwanderung auf der Wiese (with Judith Gautier) (Du Fu 杜甫)
    Die Sonne des Herbstes durchwandert Die Wiese von Osten aus, Nun senkt sie sich hinter den Bergen Hinunter in's feuchte Haus. Es bleibt ein Leuchten am Himmel, Obschon sich ihr Bild verlor, Und von jenseits des Berges steigt sie Des Morgens die Bahn empor! Der Rost bedeckt die Bäume, Die Farben sind fahl und matt, Der Abendwind hat von den Aesten Gebrochen das letzte Blatt. Die Storchenwittwe fliegt heimwärts - Wohl weiß sie ihr Neste leer – Doch traurig fliegt sie und langsam, Als hofft' sie auf Wiederkehr. Die Raben haben ein großes Geräusch in den Bäumen gemacht, Als wieder sich anzuzünden Der Mond begann für die Nacht.

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 37f.
  • Yin zhong ba xian ge 飲中八仙歌: An acht große Dichter, welche miteinander tranken: 1. An Tschi-Tschan; 2. An Uan-Tie; 3. An Tso-Sian; 4. An Tsui-Tschu-Tschi; 5. An Li-Tai-Pe; 6. An Tsou-Tie; 7. An Tan-Jo-Su; 8. An Tio-Sui (with Judith Gautier) (Du Fu 杜甫)
    1. An Tschi-Tschan. Schneller, als das Schiff vom Wind gezogen, Ist Dein Pferd zu uns herbeigeflogen. Seine Glieder, die sich lieblich bogen, Ahmten nach die Schwankungen der Wogen, Und die Dinge, die vorüberflogen, Zu erkennen, war dem Aug benommen, Gleich als blickte man in Meereswogen, Helle, schnelle, flüchtige und vage; Und so bist Du richtig angekommen Zu der Freunde frohem Trinkgelage! 2. An Uan-Tie! Uan-Tie! Dir rath' ich dieß Eine: Bleib immer in Ju-Jan, Da triffst Du vom besten Weine Am meisten immer an! Man möchte wahrhaftig glauben, Da gäb's voll Wein einen See Und da nur kannst Du löschen Den großen Durst, Wan Tie! 3. An Tso-Sian! Wie der Strom in den See, Aus der Tasse Porz'lan Fließt stets Dir der Wein In den Mund, Tso-Sian! Deine Kehle gleichet des Stromes Bahn, Der zwischen Bergen fließt, Dein Bauch, der ist der Ocean, Worein er sich ergießt. Wie Fische athmen das Wasser kühl, Trinkst Wein Du großes Genie; Die Fische bekommen nicht Wassers zu viel, Genug hast des Weins Du nie! 4. An Tsui-Tschu-Tschi Daß die Deine mehr kann fassen Als wohl aller Andern Tassen, Tsui-Tschu-Tschi Wie kommt es, wie? Und daß Du des Trinkens wegen, Mußt das Haupt nach rückwärts legen, Tsui-Tschu-Tschi Wie kommt es, wie? Daß sich bei dem Rückwärtsneigen Nur das Weiß des Aug's kann zeigen, Tsui-Tschu-Tschi Wie kommt es, wie? Daß dabei Du Zeit, zu sehen Wolken, die vorübergehen, Tsui-Tschu-Tschi Wie kommt es, wie? Dein Gesicht ist dunkler kaum, Als der weiße Wogenschaum, Tsui-Tschu-Tschi Wie kommt es, wie? Dem Jadbaum gleichst Du, vom Wind gestaut, Wenn duft'ger Wein Dir die Lippe bethaut! 5. An Li-Tai-Pe! Li-Tai-Pe, Du hebst die Tasse; Ehe Du sie setzest nieder, Hast gemacht Du unwillkührlich Ueber hundert holde Lieder! Fühlst nach neuem Wein Verlangen. He! – Wo weilt so lang der Schenke? Ist zu Bette längst gegangen, Gibt nicht Wein mehr in der Schenke! Dort in seinem gold'nen Fahrzeug Kommt des Himmels Sohn geschwommen, Bittet Dich, an seine Seite Mögst Du eine Weile kommen! Aber Du: "Vornehme lieb' ich, Lieb' ich ganz unsäglich wenig, Und wir sind acht frohe Freunde Hier versammelt – sagt's dem König!" Weiß wohl, daß dein Glück Du landest, Mehr als je es Weise thaten, An des Weines heller Tiefe – Doch ich will Dich nicht verrathen! 6. An Tsou-Tie Treibst Du gleich Dich an des Tempels Pforte, Sind gleich Deine Sitten ernst und weise, Ob verboten Dir des Fleisches Speise Und des Wein's Unmäßigkeit zum Torte – Trinkst doch gern im frohen Dichterkreise! Ist Dir auch bekannt nicht Reim und Weise, Eine Poesie ist jedes Deiner Worte! – 7. An Tan-Jo-Su! Tan-Jo-Su, wenn Du drei Tassen hast, Beginnst Du zu meditiren Und gegen den Ritus – ein stummer Gast! – Den Hut vom Kopf zu verlieren. Dann nimmst Du den Pinsel zu Hand wohl auch, Aus welchem die Lettern fallen; Man glaubt, man sähe schwarzen Rauch Ihm flüchtig und schnell entquallen! – 8. An Tio-Sui! Sieben Tassen hast Du schon getrunken, Noch nicht sprühen Deiner Dichtung Funken? Aus den Träumen, in die tief versunken Deine Freunde, weckt sie Deine Rede, Wie der Wind die Wolken jüngst verwehte. Auf steh'n sie vom Stuhle und die Fehde Schweigt. Still ist rings und allzuspäte. Höre auf zu trinken, rath ich Dir, Denn Du trankest schon zu lange schier, Endlich heißt es "scheiden" doch von hier! –

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 87-92.
  • Zhou fan dong ting 舟泛洞庭: Auf dem Fluße Tschu (with Judith Gautier) (Du Fu 杜甫)
    Auf flüchtiger Woge flüchtig Flog die Barke dahin, die mich trug. – Ich blickte hinab in das Wasser, Das spielend das Ruder schlug. Und über mir da breitet Sich aus des Himmels Gezelt, D'ran wandert schleppend und langsam Der Wolken wogende Welt. Der Himmel ist auch im Strome; Umzieht sich des Mondes Rund, Seh' ich die düsternde Wolke Auf des Wassers spiegelndem Grund. Da glaub' ich, es gleite die Barke Dahin auf dem Himmel jetzund Und ich denke: so spiegelt die Liebste Sich auch – auf des Herzens Grund!

    in: Böhm, Gottfried. Chinesische Lieder aus dem Livre de Jade von Judith Mendes. In das Deutsche übertragen von Gottfried Böhm. München: Theodor Ackermann, 1873. p. 18.